Da bin ich doch in Helsinki in die Nachtverkehrsfalle getappt:
Nach getaner Arbeit habe ich mir von meinen Kolleginnen vor Ort ein wenig die Stadt zeigen lassen: die wichtigsten Bauwerke, ein bisschen Geschichte und die Inseln, auf denen früher1 die Festung gegen die Russen errichtet wurde und die heute neben vielen Touristen auch gute Restaurants mit leckeren Rentiergerichten beherbergen. Zurück ging es mit der Fähre und dann war alles ganz einfach: Mit dem Bus zur Uni und von dort aus so zum Hotel, wie das auch gestern schon sehr gut funktionierte.
In der Theorie ein guter Plan, in der Praxis war es dreiviertel zehn und der Wunschbus fuhr nicht mehr. An eine Routenplanung mittels Stadtplan ist hier nicht zu denken. Zwar weiß ich inzwischen, wo ungefaehr sich das Hotel und die Uni befinden, die exakten Positionen auszumachen war mir bislang jedoch nicht möglich. Zudem scheinen nicht alle Linien auf dem Plan verzeichnet zu sein.
Glück im Unglück: Ich habe einen Schlüssel zur Uni und zum Büro bekommen, konnte dort also nachschlagen. Die Webseite zur Routenplanung der hiesigen Verkehrsbetriebe gefällt mir sehr gut. Nun müsste man sich nur noch die Haltestellen in der Umgebung des Hotels merken können2 und bekommt dann einen Reiseplan. Hier ist die ganze Energie der Gestalter hineingeflossen, deshalb werden in nur wenigen Bussen überhaupt die nächsten Haltestellen angezeigt, Busse halten nur auf Wunsch, was sinnvoll ist, wenn man weiß, dass man an der kommenden Haltestelle aussteigen will, also auch weiß, was die kommende Haltestelle ist, jede Fahrt auf unbekannter Strecke aber zu einem Abenteuer macht. Ein Makel: In der Routenplanung steht nicht, in welche Richtung der Bus an der entsprechenden Haltestelle fahren muss, auf welcher Seite der Straße ich also warten sollte.
Finnische Wörter weisen eine erstaunliche Ähnlichkeit zur Tetris-Melodie auf: ich kann sie mir nicht merken. Also stehe ich mit einem Zettel in der Hand an der Haltestelle, die nach meinem besten Gewissen die richtige sein müsste.3
Und dann kommt der Bus. Ich halte die Hand raus, steige ein, stelle meine Frage nach der Haltestelle. Ich spreche kein Wort Finnisch, der Busfahrer offenbar kein Wort Englisch: Lost in Translation. Hier käme der Zettel zum Einsatz. Jedenfalls bei nicht-weitsichtigen Busfahrern. Ich sage nur “Haaga”4, der Busfahrer nickt und fährt los. Ich bekomme Schicksalsmitleid, dieser Bus hat bereits eine Haltestellenanzeige.
Nach einer geraumen Welte dreht sich der Busfahrer um und sagt etwas zu mir. Was, werde ich nie erfahren, aber ich halte nochmals meinen Zettel hin und sage diesmal auch das “ammattikoulu”5 mit auf. Er nickt und fährt weiter, und siehe da: die nächste Haltestelle ist Ilkantie und dann kommt auch schon das Ziel.
Wer also weder die Landessprache spricht noch vollständig durch die Verkehrspläne durchblickt sollte als immer einen Zettel mit den Zielkoordinaten dabei haben.
im 18. Jahrhundert ↩
Metsäläntie, Haaga ammattikoulu, … ↩
Man könnte nach den Abfahrtszeiten gehen, jedoch sind die wegen der optionalen Haltestellen eher Wunsch als Realität. ↩
Doppelte Buchstaben werden lang ausgesprochen. Auch, wenn es Konsonanten sind. In Finnland gibt es ein langes “P”. ↩
ohne langes T ↩
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